Mittwoch, 10. Dezember 2014

"Fröhliche Weihnacht', überall!" - selbst in Bologna. Irgendwie.

Ciao Ragazzi,
nun ist sie wieder da, die schönste Zeit des Jahres. Auf jeden Fall die geselligste, kerzen- und kalorienreichste! Während ihr schon lange Lebkuchen, Stollen und Spekulatius genießt, habe ich hier sehr lange große Bedenken bezüglich der Weihnachtszeit gehabt. Wie soll das gehen, ohne Familie, ohne Weihnachtsmarkt, und ohne meinen geliebten Tannenbaum? Und wie wird die Weihnachstzeit hier aussehen? Werde ich untergehen in einer Flut an Kirchengängern und muss an jeder Ecke ein "Amen" für die Geburt von Jesus von mir geben? Oder wird das ganze hier überhaupt nicht so groß nach Außen hin gefeiert, sondern eher im Internen, wo ich es eh nicht mitbekomme? Ich war nicht sehr überzeugt davon, dass ich die Weihnachtszeit in der Fremde genießen werde. 

Und in der dritten Adventswoche kann ich euch nun sagen: wenn ihr die heimische Weihnachtsatmosphäre toll findet, auf Gemütlichkeit und Weihnachtlichkeit steht - bleibt lieber in Deutschland!
Um mal nicht ganz so böse zu sein: Weihnachten gibt es hier schon auch. Es gibt Weihnachtsschmuck, Weihnachtsbäume, und Weihnachtsmärkte. Allerdings kann man das üüüüüüberhaupt nicht mit dem vergleichen, was wir als Weihnachtszeit kennen. 
Fangen wir mal mit dem ganz offensichtlichem an. Der Weihnachtschmuck in der Stadt.

Kurz vor dem ersten Advent hat sich die Stadt von ihren rot und braunen Farben in eine blau-weiße-bling-bling-Landschaft verteilt. Anfangs kam ich mir ein bisschen wie im schönsten chinesischen Trashladen vor, inzwischen gewöhnt man sich an die Lichterkettenvergewaltigung. Alles was bei uns in rot-gelblichem Lichterschein erstrahlt, ist hier weiß, blau, grün, pink, lila, und alle weiteren Farben des Regenbogens die man sich so vorstellen kann. Und es blinkt. Die GANZE Zeit.





Auch von der eigentlichen Hauptattraktion eines jeden Weihnachtsmarktes, dem Tannenbaum, bin ich leider nicht vollends begeistert. Zwar haben sie einen wirklich schönen, großen, grünen und dichten Baum ausgesucht, der auch nicht so aussieht als würde er gleich abknicken (schönen Gruß an die Dresdner :D), jedoch kann man eben auch den schönsten Baum verhunzen, wenn man blaue blinke Lichter, weiße Wasserfalllichter (1m lange Stäbe, an denen immer ein weißblauer "Licht-Wassertropfen" hinunterrutscht) und Girlanden aufhängt, bei denen man mehr Kabel als Schmuck erkennt. Um gar nicht erst zu erwähnen, dass er sich so ziemlich allen italienischen architektonischen Wundern angepasst hat, und absolut schief steht. Aber der Geschmack ist ja bekanntlich verschieden. 





Und was für einen Leipziger, der einen der schönsten Weihnachtsmärkte Deutschlands gewöhnt ist, natürlich besonders hart ist: einen richtigen Weihnachtsmarkt gibt es hier gar nicht! 
Es gibt eine kleine Gasse, die nicht länger als 100m lang ist, an denen es links und rechts Stände gibt. Dort kann man allerlei Süßkram kaufen, sowie Kekse, Nüsse oder Gummibärchen. Außerdem gibt es sehr viele Tonfiguren, die sich die Italiener in ihre hauseigenen Krippen stellen. Wer da jetzt aber an Maria, Josef und Co denkt, der hat falsch gedacht.Vielmehr kann man sich dort Obama und Merkel, die Schlümpfe oder Balotelli in den Stall holen. Oder eine batteriebetriebene Figur, die Mortadella schneidet. Oder bügelt. Ich sag ja, der Geschmack ist verschieden.
Neben dieser einen Gasse gibt es immer mal wieder kleine Märkte, die allerdings auch nicht mehr als 10 Stände haben, und dann auch nur so ein Wochenende offen haben. Diese bieten größtenteils das selbe an, an manchen gibt es auch Wollsocken und Mützen und so weiter. Aber Kräppelchen hab ich hier noch nicht gesehen.

Nun stöhnt bestimmt der eine oder andere auf, und sagt: "Du bist doch im Ausland, um neue Dinge kennen zu lernen. Wenn du alles haben willst wie in Deutschland, dann bleib doch hier!". Und das stimmt auch. Deswegen war ich auch auf allen bisherigen Märkten, habe regionale Süßigkeiten gegessen und staunend die Neonröhren über den Marktständen begutachtet. Doch am Ende ist man eben relativ schnell durch (bei 100m Weihnachtsmarkt hat das genau 15 Minuten gedauert), und vermisst dann doch die Waffeln und den Glühwein. Und um mir das ein bisschen näher zu holen, und vorallem meiner walisischen Freundin einmal zu zeigen, was ein wirklicher Weihnachtsmarkt ist, sind wir am letzten Wochenende nach Trento und Bolzano, also ins deutsch-dominierte Südtirol gefahren, um die Weihnachtsmärkte zu besuchen!

Zwar haben wir auch dort keine Kräppelchen gefunden, jedoch schon wesentlich bekanntere Dinge für den deutschen Gaumen. So gab es überall gebrannte Mandeln, Brezeln und Apfelstrudel. Auch Glühwein und sogar Glühhugo haben wir gefunden. Und alles war wunderschön geschmückt. Es waren richtige Marktstände, keine blanken Holztische mit Neonbeleuchtung und Metalmusik wie in Bologna. Es herrschte eine richtig weihnachtliche, gemütliche Stimmung, alle waren glücklich und beseelt von der Atmosphäre. Und auch dass ich in Bolzano alles auf Deutsch bestellen konnte, und um mich herum ständig deutsche Stimmen gehört habe (wenn auch mit abgefahrenem Akzent) hat ein bisschen dazu beigetragen, mich wirklich wie zu Hause zu fühlen. 









Letztendliche bleibt mir nur zu sagen: es ist immer schön, neue Dinge zu erleben, neue Kulturen kennen zu lernen, und manches davon auch für sich selbst zu übernehmen. Aber gerade zu Weihnachten, kann ich mich doch sehr schlecht an die italienische Neon-Blink-Atmosphäre gewöhnen, und sehe doch was ich an Deutschland und an unseren Bräuchen und Traditionen habe.
Zwar verspüre ich prinzipiell noch nicht den wirklichen Drang, zurück nach Deutschland zu gehen. Dafür geht es mir hier einfach viel zu gut. Aber trotzdem freue ich mich darauf, in 9 Tagen das erste Mal nach 5 Monaten wieder deutschen Boden zu betreten. Und dann gibt es Kräppelchen!

Bacci!