Hello my Dears,
ruhig ist es
geworden auf meinem Blog, denn wie ihr alle habe auch ich in den letzten
Monaten leider nicht viel erleben können. Zwar sind die Grenzen offen, die
Reisebeschränkungen auf der Insel jedoch so extrem, dass das Reisen bisher
relativ unmöglich war. Oft habe ich auf Kontinentaleuropa geschaut und bin ein
bisschen wehleidig geworden, die vielen Freiheiten die in Deutschland und
anderen Ländern herrschen, waren in England leider noch Wunschdenken. Die
'Green List', also die Liste der Länder aus denen man nicht in Quarantäne muss
wenn man zurückkehrt, war weitestgehend auf Island und Portugal beschränkt,
beides Orte an denen wir erst waren. Und selbst wenn andere Länder zu unserer
Green List hinzugefügt wurden, heißt das ja noch lange nicht dass diese uns
auch reinlassen würden, aus Großbritannien kommend. Und so hingen wir hier mehr
oder weniger fest, in unserem Inselgefängnis. Klar, man kann auch hier
verreisen, und wie ihr bald auf meinem YouTube Channel sehen werdet haben wir
das diesen Sommer auch sehr intensiv gemacht - aber es ist eben doch nicht das
selbe wie im glasklaren Mittelmeer zu baden, durch asiatische Dschungel zu
streifen oder amerikanische Grossstädte zu erkunden. ABER - es gibt Hoffnung!
Seit Wochen hatte ich die britische Impfkampanie genaustens
verfolgt, und es sah tatsächlich vielversprechend aus. Nachdem alle über 50
Jährigen sowie Risikogruppen und medizinisches Personal geimpft waren, ging mit
jeder Woche die Altersbeschränkung runter. Ü40, Ü36, Ü34, bis wir schließlich
zwei Wochen vor unserem Urlaub bei Ü30 angekommen waren. Ich wollte so gerne
noch die erste Impfung vorher bekommen, erstens natürlich um ein bisschen mehr
geschützt zu sein wenn wir quer durch das ganze Land fahren und Freunde sehen
werden, aber auch weil ansonsten die zweite Dosis und der damit verbundene
volle Impfstatus noch weiter nach hinten geschoben wird. Damals war der Abstand
der beiden Impfdosen in Großbritannien noch 12 Wochen - hätten wir also bis
Juli warten müssen, wären wir erst im Oktober wieder dran gewesen. Das wollte
ich wirklich vermeiden.
Durch Zufall habe ich also an einem Freitag Anfang Juni
erfahren, dass sich eine Bekannte, die im selben Alter ist wie wir, impfen
lassen konnte. Und das ohne Vorerkrankungen oder irgendeinen Status der ihr eine
vorzeitige Impfung erlauben würde. Eine kurzes Instagram Chat Gespraech später
wusste ich was Sache ist - im Süden Londons gab es an diesem einen Tag eine pop
up walk-in clinic, die tatsächlich, entgegen der Empfehlung der Regierung,
schon alle ab 25 impfte. Allerdings nur heute, ohne Termin, und mit Schlange
stehen. Als ich meinen Boss fragte ob das klar geht meinte er nur 'go go go!!!'
und am selben Nachmittag machten wir uns auf den Weg nach Südlondon. Am
Krankenhaus angekommen sahen wir schon die Schlange die sich quer über den
ganzen Parkplatz schlängelte - meine Bekannte hatte am Morgen drei Stunden
angestanden, wir waren also auf das Schlimmste gefasst. Nach einer Stunde
hatten wir es schon in das Gebäude und zur Anmeldung geschafft. Man musste seinen
Ausweis und seine Versichertennummer vorzeigen, die Daten wurden dann auf eine
kleine Pappkarte eingetragen und man durfte sich weiter anstellen. Überall
hingen schon Schilder dass man seinen Arm frei und sich für die Impfung bereit
machen soll. Obwohl ich wirklich kein Problem mit Impfungen habe, war ich doch
ganz schön aufgeregt - es hat sich so besonders angefühlt, jetzt endlich auch
diese Impfungen zu bekommen, die quasi goldwert ist - und das auch noch bevor
wir eigentlich dran waren!
Kurz bevor es in den Raum zum Impfen ging, kam ein
Assistenzarzt auf den Gang, hat uns in eine Gruppe von ca. 20 Leuten
abgetrennt, und begann dann über den ganzen Flur zu rufen: "Alle hier zur
Erstimpfung?". Heftiges Nicken von allen. "Irgendwelche
Allergien?". Diesmal schüttelten alle den Kopf'. "Schonmal
Nebenwirkungen vom Impfen gehabt?". Erneutes Kopfschütteln. Damit
verabschiedete er sich wieder und unser Aufklärungsgespräch war beendet.
Vielleicht hatten wirklich alle keine Allergien, aber selbst wenn, in einem so
öffentlichem Forum hätte es vielleicht auch nicht jeder preisgeben wollen.
Dann ging es endlich weiter und wir betraten den
eigentlichen Impfraum. Wieder schlängelten wir uns entlang, bis wir ganz vorne
standen, und zwei Ärzte (oder Schwestern) jeweils an einem Tisch standen.
Darauf waren hunderte Spritzen vorbereitet, neben einem großem Eimer für den
Müll. Die Ärzte riefen nur 'Nächster!', man trat heran, und im selben
Augenblick in dem der Arzt fragte 'Hast du noch irgendwelche Fragen?' war die Spritze
schon im Arm und die Impfung beendet. Wenn man noch Fragen gehabt hätte wäre es
jetzt auf jeden Fall zu spät gewesen, denn bis der Arzt überhaupt ausgesprochen
hat war schon alles fertig. Ohne Hinsetzen, ohne Desinfektion, ohne Pflaster,
einfach rein da, dann gab es noch ein Papier mit den Nebenwirkungen, und der
nächste war schon dran. Insgesamt war ich ungelogen zwei Sekunden bei dem Arzt,
ich hatte ein bisschen Sorgen ob er überhaupt 'abgedrückt' hat, so schnell war
es schon wieder vorbei.
Im Anschluss mussten wir wie üblich noch 15 Minuten warten
(auf der Rasenfläche vor dem Krankenhaus, wo bei weitem nicht genug Stühle
aufgestellt waren und die meisten also etwas gelangweilt auf dem Gras standen),
und haben nach ein bisschen Suchen auch jemanden gefunden der uns unsere
deutschen gelben Impfausweise ausfüllen konnte. Obwohl die ja von der WHO sind
und eigentlich international gültig, kennt die hier irgendwie niemand. Der
einizge Impfnachweis den man hier bekommt ist die kleine Pappkarte die sie uns
am Anfang gegeben haben - und dann kann man sich einen Nachweis in der NHS App
runterladen.
Insgesamt haben wir von ankommen bis geimpft werden ziemlich
genau eine Stunde und 15 Minuten gewartet - also wesentlich schneller als
befürchtet! Klar ist es ein bisschen Aufwand extra dorhtin zu fahren, sich
anzustellen und nicht genau zu wissen wann man fertig ist, aber das war es uns
absolut wert. Der ganze Ablauf hat mich daran erinnert warum ich es so spannend
finde im Ausland zu leben - von dem was ich von Freunden und Familie gehört
habe musste man in Deutschland mehrere Formulare ausfüllen und hatte ein
intensives Aufklärungsgespraech mit einem Arzt. Hier laufen die Dinge eben ein
bisschen anders. Es hat sich schon angefühlt wie eine sehr genau durchgeplante
Militäroperation, und vielleicht wäre es auch anders gewesen wenn wir einen
'normalen' Termin gehabt hätten, aber es war schon auch irgendwie typisch
britisch, eben so ein bisschen durchgewurschtelt 'wir machen das jetzt einfach
so' - und alle waren einfach unendlich froh es hinter sich zu haben. Biontech
haben wir übrigens bekommen, da AstraZeneca in England nicht an Leute unter 30
verimpft wird. Und Nebenwirkungen hatten wir auch keine, mal abgesehen davon
dass mir wirklich relativ sofort der Arm mörderisch wehgetan hat. Aber damit
kann man ja leben.
Nächste Woche haben wir dann unseren zweiten Termin,
vorverlegt, denn inzwischen wird die zweite Dosis nach acht Wochen geimpft.
Diesmal habe ich einen ganz normalen Termin bei meinem Hausarzt, da wird es
also wahrscheinlich nicht so spannend. Aber wenn wir damit durch sind und die
zwei Wochen bis zur Wirksamkeit vorbei sind, können wir hoffentlich bald wieder
reisen. So dankbar ich bin in einem Land zu Leben wo die Impfraten mit am
höchsten sind und inzwischen wirklich alle die Chance hatten sich impfen zu
lassen - ich kann es kaum abwarten bis ein ähnliches Level in vielen anderen
Ländern erreicht ist und wir endlich zu neuen Abenteuern aufbrechen können.
Zeit wird's!