Dienstag, 27. Januar 2015

Wiedersehen, Abschiede, Prüfungen und die große Suche nach dem Dolce Vita

Ciao Ragazzi!

Nach einer etwas längeren Weihnachtspause melde ich mich nun wieder von meinem Zweitwohnsitz im schönen Italien. Mitte Januar bin ich wieder gekommen, und obwohl ich nur in Bologna war, habe ich schon wieder "un sacco di" Erlebnisse gehabt!
Erst einmal komme ich vom Flughafen, und muss die halbe Innenstadt nach meiner Bushaltestelle absuchen. Die ist nämlich einfach verschwunden, weg, abgetaucht. Nachdem ich nun mit sämtlichen Gepäck ein einsames Schild der Busgesellschaft gefunden habe, erfahre ich dass die Haltstelle verlegt wurde. Wohin, das bleibt das Geheimnis des Busfahrers. Willkommen zurück!

An meinem ersten Tag habe ich mich dann gleich mit meiner ungarisch/schottischen Freundin getroffen, um gemeinsam eine Unterschrift von einem Prof abzuholen. Wir haben gemeinsam einen Managementkurs belegt, und uns so sehr gut angefreundet. Gerade erst wieder in Bologna angekommen war es schön, gleich ein vertrautes Gesicht zu sehen. Doch es war auch gleich wieder ein Abschied, denn sie ist 3 Tage später nach Hause gefahren. So geht es mir hier die ganze Zeit: man ist gerade wieder gekommen, und freut sich, alle wieder zu sehen und gemeinsame Sachen zu erleben, und muss sich doch schon verabschieden. Vor Weihnachten waren wir alle froh, dass wir uns im neuen Jahr wiedersehen, deswegen fiel der Abschied nicht so schwer. Jetzt ist uns allerdings bewusst geworden, dass wir im neuen Jahr alle maximal 4 Wochen hier sind, und somit der größte Teil unseres gemeinsamen Erasmusaufenthaltes hier vorbei ist. Es ist komisch zu wissen, dass wir uns, realistisch gesehen, wohl nie wieder alle so treffen werden. Mit Leute aus Australien, Südamerika, Russland, Neuseeland und halb Europa wird das wohl eher schwierig.

Doch bevor der richtige Abschied kommt, stehen ja noch die Prüfungen auf dem Plan. Für mich sind es genau genommen 6 Prüfungen, eine hatte ich davon schon im Dezember. Gestern sollte ich in "Dramaturgia Musicale" geprüft werden, auf Italienisch und mündlich. Demenstprechend groß war natürlich meine Vorfreude.
Diese ganze Prüfung war das reinste Chaos. Mal davon abgesehen dass ich eine Stunde zu früh da war, weil ich zu blöde war den Prüfungsplan zu lesen, war auch die Prüfung an sich wirklich filmreif. In italienischer Manier werden alle Prüflinge, egal wie viele es sind, zur selben Uhrzeit in den selben Raum bestellt. Pünktlich 10 Uhr saßen also ca.15 Studenten zusammen, und warteten darauf, dass es losging. Der Prof war zwar nicht da, aber sein Assistent meinte, der kommt schon noch irgendwann, und wir würden schon einmal anfangen. Nach einer kurzen Anwesenheitskontrolle wurde nacheinander alle Studenten einzeln vorgerufen, haben sich zu dem Prüfer gesetzt, und so ihre Prüfung abgelegt. Dass alle anderen Studenten währenddessen im selben Raum saßen, sich unterhielten, oder rein und rausgingen hat da kaum jemanden gestört. Nach 1,5 Stunden kam dann auch der eigentlich Prof, und erklärte er hat jetzt noch was zu tun, würde aber in 45 Minuten wiederkommen, und dann alle Erasmusstudenten mitnehmen, und mit ihnen die Prüfung machen. Nach fast 2 Stunden kam er dann wieder.
Anschließend musste ich nochmal fast eine Stunde warten, und sollte dann meine Prüfung gemeinsam mit der anderen deutschen Studentin ablegen. Das heißt wir sind beide vor gegangen, und haben in einer Art Teamleistung unsere mündliche Prüfung abgelegt. Skurriler ging es kaum. 

Auch heute habe ich wieder lustige Dinge erlebt. Auf dem Plan stand 9 Uhr eine schriftliche Holländischprüfung, und im direkten Anschluss noch ein mündliches Gespräch mit dem Prof. Im Gegenteil zu gestern kam ich heute zu spät, weil der Prof mir erst den falschen Raum sagte, und man mich dann auch noch in einem riesigen Gebäude sinnlos hin und hergeschickt hat. Als ich meinen Prof schließlich gefunden hatte, hatte der mich aber noch gar nicht vermisst - er hatte ganz einfach vergessen dass ich heute die Prüfung schreiben sollte. Also musste er erstmal los gehen, und die Aufgaben suchen. Nach dem Ende meiner schriftlichen Arbeit, fragte ich ihn, ob wir denn heute noch die mündliche machen, die ja eigentlich direkt im Anschluss stattfinden sollte. Auch damit hatte er nicht gerechnet, ich könnte 2 Stunden warten, bis er mit seinem Zeug fertig ist, oder wir machen die Prüfung eben am Donnerstag. Ist ja dann nur meine dritte Prüfung an einem Tag. Kein Ding!

Um mal den Kopf frei zu bekommen von dem ganzen Prüfunsstress, hat meine neuseeländische Freundin letzte Woche zum gemeinsamen Pizzaessen eingeladen. Mit zwei Franzosen, einer deutschen und einem Italiener waren wir in einer sehr niedlichen und typisch neapolitanischen Pizzeria. Vor allem der Italiener in unserer Runde war sehr nett, hat uns irgendwelche italienischen Sprichwörter beigebracht und über unsere Aussprache geschmunzelt. Dann haben wir uns jedoch auch über ernsthaftere Themen unterhalten, über die Lage in Italien, Arbeitslosigkeit, hohe Kosten und so weiter. Und dann sagte er: "Ich verstehe gar nicht was alle Welt immer so an Italien findet. Alle sprechen immer nur vom dem 'Dolce Vita'. Ich lebe jetzt seit 26 Jahren in Italien, und ich habe das 'Dolce Vita' noch immer nicht gefunden.".
Und so wird einem manchmal bewusst, dass es eben nicht nur die fröhlichen, Pizza und Eis essenden Italiener gibt, die nur "Ciao Bella" rufen und ihren Espresso trinken. Wie in jedem anderen Land der Welt gibt es auch hier einige Probleme, der Bevölerung geht es nicht immer gut, nur weil die Sonner hier öfter scheint. Auf der anderen Seite sind es aber genau solche Dinge, die das Leben hier leichter machen als in Deutschland, die für den durchschnittliche  Italiener nur einfach zur Nomalität geworden sind: die Sonne, die alles viel leichter macht; das leckere Eis, welches auch im Winter vorzüglich schmeckt; und die im allgemeinen doch wesentliche entspanntere Art der Einheimischen. Und dann denke ich mir, komm mal nach Deutschland, du Italiener, dann weißt du dass ihr in Italien das 'Dolce Vita' gebunkert habt!



Bacci!