Samstag, 27. Januar 2018

London calling!

Hello my dears, 

was ist nicht alles passiert in den letzten Wochen! Wer es noch nicht mitbekommen hat, ich bin umgezogen. Ich hab meinem geliebten Schottland den Rücken zugekehert, und bin ans andere Ende des Landes gezogen. Vom niedlichen, rauen, freundlichen Edinburgh in die Megametropole London. Zusammen mit 8 Millionen anderen Menschen wohne ich nun also da, wo alle immer hinwollen. Alle, die große Träume haben, Karriere machen, oder einfach nur dazugehören wollen. Dazugehören zu all den Hipstern, den Veganern, den Finanzern oder allen anderen außergewöhnlichen Geschöpfen (no offence), die es immer wieder in diesen Meltingpot an Kulturen zieht. 

Mein Weg nach London war ein bisschen anders: da wollte ich eigentlich nie hin. Viel zu laut, viel zu viele Menschen, viel zu teuer, viel zu hässlich. Und viel zu weit weg von meinem Liebsten. Wie das Leben aber nunmal so spielt, kann man sich nicht immer alles aussuchen. Und Fakt für mich war, ich brauchte einen neuen Job. Ich wollte nicht mehr länger gelangweilt an meinem Schreibtisch sitzen und Dinge tun, die mir größtenteils absolut egal waren. Ich wollte für etwas brennen, für etwas verantwortlich sein und etwas erreichen. Ja, warscheinlich kam ich nach London um meine Träume zu verwirklichen. Aber so eine wirklich Wahl hatte ich auch nicht.In Schottland gibt es kein Musikbusiness. Wenn man also in der kreativen Szene ankommen will, muss man nach London. Zu den Hipstern. 

Also packte ich meine sieben Sachen und machte mich Anfang Januar auf den Weg in die Hauptstadt. Knappe fünf Stunden dauert das mit dem Zug, einmal quer durch das Vereinigte Königreich. Angekommen in der Stadt, die von nun an mein Zuhause sein sollte,  musste man eben dieses erstmal finden. Nun ist die Wohnungssuche in UK generell etwas seltsam, meistens geht es innerhalb von ein paar Tagen. Das ist an sich schön, heißt aber auch dass man nicht groß planen kann. Wenn ein Zimmer frei ist, kann man es sich anschauen und am nächsten Tag einziehen, Wochen vorher angucken geht meistens nicht. Meine Großeltern waren über Weihnachten schon ganz besorgt dass ich noch nichts zum Wohnen hatte, aber wenn man weiß dass das hier so funktioniert, dann geht das auch. 

Da ich natürlich überhaupt keine Ahnung von verschiedenen Vierteln in London hab, und diese Stadt ach gefühlt jedes Mal größer wird, wenn man auf die Karte guckt, haben wir uns insgesamt acht Zimmer angeguckt, fast alle in unterschiedlichen Gegenden. Und da hat sich wirklich gezeigt dass es sich lohnt zu warten und sich alles in Ruhe anzugucken, denn die Unterschiede sind massiv. Generell muss man wahnsinnig aufpassen was die Leute einem hier für Sachen andrehen wollen - die meisten Zimmer die wir gesehen haben waren kleine Schuhschachteln in die gerade so ein Bett gepasst hat, mit Schimmel an den Wänden und lebenden Teppichen, in Gegenden in denen es keine Straßenreinigung zu eben scheint und sich der Müll wirklich meterhoch in allen Ecken stapelt. Ich weiß dass der Wohnstandard in UK nicht so hoch ist wie in Deutschland, aber das ging nun echt zu weit. Vor allem da dafür ja auch immer noch gerne £700-800 pro Monat verlangt werden. Für ein Zimmer!

Ich hab unendlich Glück gehabt mit meiner WG, ich wohne im niedlichen Viertel Chiswick in Westlondon, wo die Straßen ruhig und mit Bäumen bepflanzt sind und die Welt noch in Ordnung ist. Chiswick zählt schon zu den eher teureren Gegenden, aber das musste auch einfach sein. Was dort als fancy area angesehen wird, ist vielleicht gerade so das, was wir in Deutschland als normal beschreiben würden. 




Nachdem das Zimmer also gefunden wurde, ging es an den eigentlichen Grund meines Umzugs - mein neuer Job! Gerade einmal vier U-Bahn Stationen (oder 15 Minuten Fahrrad fahren) von Zuhause entfernt (ein absoluter Rekord übrigens, die meisten meiner Kollegen brauchen 1h+ um auf Arbeit zu kommen) liegt mein neuer Lebensmittelpunkt, HarrisonParrott. Eine weltweit agierende Künstleragentur, die klassische Musiker vertritt und zu einer der renommiertesten ihrer Art zählt. Und da gehöre ich jetzt einfach so dazu! Inzwischen manage ich sechs verschiedene Künstler, fünf Dirigenten und einen Violinisten. Für meine artists bin ich quasi Manager, Mutti, Reisebüro, Schwester, Kalnder, Freundin und rechte Hand, alles in einem. 

Grob gesagt organsieren wir Konzerte und Tourneen, beziehungsweise alles was irgendwie mit der Karriere unserer Künstler zu tun haben könnte. Wir sind die Mittelsmänner, kommunizieren sowohl mit den Künstlern als auch mit den Promotern und sorgen dafür dass am Ende alle glüklich sind. Das klingt so relativ einfach, wird aber dann doch ziemlich kompliziert wenn man alle Kleinigkeiten bedenkt, die dazu gehören. Und das x6. 

Ich hab das Glück mit Künstlern zu arbeiten die in ganz verschiedenen Stadien ihrer Karriere stehen, vom Newcomer, der noch nicht so viel im Kalender stehen hat, über den Wunderknaben der sein Debüt in der Carnegie Hall mit 12 Jahren hatte und jetzt so richtig durchstartet, bis zum alteingesessenen Profi, der jede Woche mit einem anderen Spitzenorchester, irgendwo auf der Welt, Konzerte spielt. Man muss ständig an alles denken, hat einen Haufen Verantwortung und muss sehr schnell reagieren können (gleich in meiner ersten Woche ist einer meiner Künstler eingesprungen für ein Konzert in Paris - das heißt interkontinentale Flüge, Transporte, Unterkunft, Proben, Interviews, Dinner, Visa, Steuerformulare etc. alles innerhalb von einem Tag organisieren. Und da der Dirigent Amerikaner ist, mussten wir auch noch bis zum Nachmittag warten um jegliche Entscheidungen zu treffen, da es bei denen noch mitten in der Nacht war. Zeitverschiebung ist eine super Sache.). 

Meine Kollegen kommen auch aus aller Welt, um mich werden ständig die verschiedensten Sprachen gesprochen, mit New York, Singapur oder Sydney telefoniert - und das beste daran ist dass es so vollkommen normal ist! Wir haben Weltstars unter Vertrag, die mit den besten Orchestern des Planeten zusammen spielen, und keinen juckt es. Klar, irgendwann gewöhnt man sich bestimmt daran, aber im moment ist das alles noch sehr krass für mich. Von jetzt auf gleich kann ich in der obersten Liga mitspielen, und werde auch noch dafür bezahlt! Absolut abgefahren. 

Obwohl es also nicht gerade leicht war meinen Liebsten in Edinburgh zurück zu lassen, bereue ich es (noch) absolut nicht. Klar, London ist nicht gerade der schönste Ort zum Leben (wer es mir nicht glaubt, kommt mich mal besuchen und ich zeige euch das nicht touristische London), es ist hektisch, anstrengend und schweineteuer (mein Zimmer kostet mehr als unsere ganze Wohnung in Edinburgh) und die Londonder sind bei weitem nicht so freundlich und gesellig die die Schotten. Aber wenn das der Preis ist den man zahlen muss, um so einen mega Job zu haben, dann kann ich damit leben. Und außerdem, ich bin ja erst seit drei Wochen hier. Wollen wir der Stadt mal noch eine Chance geben! 



See you later!