Ciao Ragazzi,
da ist es, das schöne Wetter! Es zeigt sich mal wieder, man
muss nur mal so richtig meckern, und dann wird das schon. Seit einer guten
Woche haben wir herrlichstes Frühsommerwetter, mit Temperaturen um die 25 Grad,
Sonnenschein, blauem Himmel. So lässt es sich leben!
Und um das Ganze zu nutzen, habe ich in den letzten Tagen
auch wieder einiges erlebt. Angefangen hat das Spaß-Programm mit einem Ausflug
zum Shoppen nach Mailand, der sich allerdings auch nur sehr italienisch ergeben
hat. Eigentlich war für den Tag ein Surffestival im 30 Minuten entfernten Recco
geplant. Dies wurde jedoch aufgrund von schlechtem Wetter (sprich: kein Wind)
abgesagt. Dachten wir uns, alles klar, kein Problem, gehen wir woanders hin.
Aus meinem Reiseführer hatte ich entnommen, dass an demselben Wochenende in
Santa Margherita di Ligure eine große, internationale Segelregatta stattfinden
sollte. Also schauten wir nach Zügen, planten unseren Tag, packten die Taschen,
nur um dann festzustellen, dass die Regatta auch abgesagt wurde. Warum weiß
keiner, sie wird auch nicht auf einen anderen Tag verschoben (wie das
Surffestival), fällt einfach aus. Auf der Website stand nur „wir lassen es
dieses Jahr ausfallen, um dann nächstes Jahr mit tollem Spektakel zurück
zukommen.“ Danke.
Da wir so ein bisschen die Nase voll hatten von der
italienischen Organisation, sind wir also zum Trotz-Shoppen nach Mailand
gefahren. Dabei muss ich immer wieder die italienische Bahn loben: viele Züge,
gute Verbindungen, guter Komfort, und das zu einem unschlagbaren Preis. Das
Zugfahren wird mir definitiv in Deutschland fehlen!
Als ich meinen Eltern vom Mailand-Ausflug erzählte, fragten
sie mich gleich, ob ich mir auch die EXPO anschauen will. Und ich muss zugeben,
ich hatte kurz darüber nachgedacht, hatte dann aber niemanden gefunden der
mitfahren wollte, und um alleine hinzugehen war es mir dann doch zu teuer (35€
für das Tagesticket) und nicht wichtig genug. Außerdem hätte ich damit wohl
meine Glaubhaftigkeit als „Teilzeititalienerin“ verloren, denn alle meine
Freunde sind sich einig: wenn man für ein demokratisches und gerechtes,
lebenswertes Italien ist, geht man nicht auf die EXPO. Gerade um das
Eröffnungswochenende konnte man wieder viel in den italienischen Medien hören:
die Hälfte der Gelder fließt an die Maffia, die Bauarbeiter arbeiten für einen
Appel und ein Ei, sonstige Mitarbeiter werden sowieso nicht bezahlt, sind alles
Volunteers, und die Hälfte des EXPO-Geländes ist noch nicht mal fertig. Viel
mehr wird viel Show um nichts gemacht, was die Italiener erfahrungsgemäß recht
gut können. Was und wie viel davon wahr ist, wird man wohl nie herausfinden,
aber: meistens ist doch was Wahres dran.
Nachdem ich also mit Anni Mailand unsicher gemacht habe, und
wir uns ein bisschen im Großstadt-Feeling entspannt haben, ging es letztes
Wochenende gleich kunterbunt weiter. Angefangen mit Freitag Abend: Unsere
Kollegin fragte uns, ob wir nicht auf ihren kleinen, knapp 4 Jahre alten Sohn
aufpassen könnten. Da sie ein Haus mit Blick über die Stadt hat, und uns
obendrein Pizza und Eis versprach, haben wir nicht lange gezögert. Es war auch
ein wirklich lustiger Abend, der mit viel rumtoben und spielen begann, und mit
einem vollgekotzten Kind endete. Trotzdem war es einfach der niedlichste und
schönste Italiener, dem ich jemals begegnet bin!
Samstag haben wir uns dann etwas Kultur gegönnt. In der
städtischen Oper lief Carmen, und da ich sowohl zu meinen Opernkinderchorzeiten
selbst in Carmen mitgespielt habe, als auch in Bologna einen Dramaturgie Kurs
nur zum Thema Carmen belegt hatte, konnte ich mir das natürlich nicht entgehen
lassen. Ich überredete Anni, die das erste Mal in einer Oper und
dementsprechend gespannt war, und wir besuchten die
Samstag-15.30-Oma-Vorstellung. Der (zugegebenermaßen riesige) Saal war zwar nur
zu 2/3 gefüllt, trotzdem war ganz schön was los. Als das Stück anfing, war ich
erst etwas verwirrt, da es im Kuba von heute zu spielen schien, mit Che Guevera
Fahnen und Ananas-Hüten. (Für alle Nicht-Carmenkenner: Carmen spielt in
Spanien, es handelt von Zigeunern und enthält einiges an Flamencomusik). Aber
wenn man sich dann so ein bisschen reingeguckt hat, dann war es doch ganz
stimmig. Selbst mich, die ich eigentlich moderne Inszenierungen hasse, hat es
am Ende doch überzeugt. Stellt sich zwar immer noch die Frage, ob man das
machen muss, und Carmen nicht einfach lassen kann wo sie hingehört, aber
wenigstens hat es am Ende Sinn gemacht. Chor und Solisten waren recht gut, nur
das Orchester konnte nicht so recht überzeugen. Mag aber daran liegen, dass man
als Leipziger mit dem Gewandhausorchester einfach Anderes gewohnt ist.
Insgesamt aber ein durchaus runder Nachmittag!
Am Sonntag gab es dann das absolute Kontrastprogramm: bei
sonnigen 25 Grad sind wir Mittags an Bord gegangen, und zu einer vier-stündigen
Whalewatchingtour aufgebrochen. Mit (natürlich) einer riesigen deutschen
Rentnergruppe zusammen, haben Arianna und Ich den felsenfesten Plan gehabt,
Wale zu sehen. Doch selbst nach 4 Stunden wurden unsere Träume nicht erfüllt,
und wir mussten in Genua wieder anlegen. Gelohnt hat sich das ganz trotzdem:
abgesehen von einer herrlichen Bootsfahrt bei sommerlichen Temperaturen und absoluter Windstille, haben wir auch eine
Gruppe von 60 Delfinen gesehen! Eine knappe Stunde sind wir immer wieder im
Kreis gefahren, und die niedlichen Schwimmer sind in unseren Wellen gesprungen.
Leider war es etwas schwierig, Fotos zu machen, denn die Kleinen sind verdammt
schnell!
Inzwischen sind auch schon meine letzten Tage hier
angebrochen. In 12 Tagen kommen meine Eltern, 5 Tage später fahren wir dann
zusammen nach Hause. Mein Praktikum ist dann vorbei, aber noch viel schlimmer
ist, dass meine Zeit in Italien dann (vorerst) vorbei ist. Natürlich freue ich
mich auf zu Hause, auf Rouladen und geordnete Strukturen, aber Italien wird mir
doch verdammt fehlen. Momentan bin ich noch nicht davon überzeugt, dass es
jetzt an der Zeit ist, dieses Land zu verlassen, auch wenn Freunde und Familie
da anderer Meinung sind. (Meine Eltern sagten das aber schon, als ich kaum eine
Woche da war, von daher zählt das irgendwie nicht so richtig.)Und irgendwie
habe ich auch das Gefühl, je näher der Tag meiner Abreise kommt, desto mehr
halte ich mich hier fest, und will auf keinen Fall gehen. Deswegen versuche ich
einfach, so viel wie möglich aus meinen verbliebenen Tagen hier zu machen, und
die Heimfahrt gaaaaaanz weit von mir wegzuschieben. Denn Dinge zu verdrängen,
und einfach so zu tun als wären sie nicht da, das habe ich in Italien richtig
gut gelernt.
Bacci!
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